POP
CDs
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NEUES AUS
DER
MUSIKWELT
Incognito
AMPLIFIED SOUL
Eat Music/Edel CD (LP geplant)
(70‘)
Neu ist an der Stilmischung auf
dem 16. Studioalbum rein gar
nichts, nach dreieinhalb Jahrzehn-
ten lassen Incognito keinen Willen
zur
Weiterentwicklung mehr er-
kennen. Dennoch hört man ihnen
immer noch gern zu. Denn einmal
mehr schaffen es Bandleader Bluey
& Co., uns mit dem altbekann-
ten Mix aus Soulpop a la Stevie
Wonder, Funkyness und Jazz, mit
punktgenauen Bläsern und unwi-
derstehlichen Dancebeats gut zu
unterhalten. Zudem verhindern von
Song zu Song wechselnde Sänger,
darunter Ex-Mitglied Imaani, Car-
leen Anderson (Brand New Heavies)
und Deborah Bond, gezielt das
Aufkommen von Langeweile.
hake
MUSIK ★
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KLANG ★
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Lykke Li
I NEVER LEARN
LL Recotdings/Watnet CD (auch als LP)
(33‘)
Nach einer zerbrochenen Bezie-
hung verließ Lykke Li fluchtartig
Schweden. Sie packte ihre sieben
Sachen, machte sich nach L.A. auf,
produzierte dort mit Hilfe von Greg
Kurstin (Kelly Clarkson) und Björn
Yttling (Peter Bjorn and John) ein
anrührendes Album voller Power-
balladen in Deprimoll. Aus der Sicht
der frisch Verletzten heraus singt
sie hier zu wuchtigen Drums und
verhalltem Emo-Pathos von ihrer
Seelenpein. Ohne Scheu schüttet
sie dem Hörer in radiogerechten
Songs wie „Sleeping Alone“ ihr
Herz aus und beteuert total ernüch-
tert: „Never Gonna Love Again“.
Tränenfeuchte Klagelieder zum
Mitflennen.
hake
MUSIK ★
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oan Osborne
LOVE AND HATE
Membran CD
Mit „Bring It On Home“ 2013 für
einen Grammy nominiert, hatte
Joan Osborne sich als Blues- und
Soul-Sängerin
profiliert.
Statt
jetzt aus diesen Genres - mit ih-
ren vielen Klassikern zum Thema
Liebe und Hass - ihr stimmlich
liegende auszuwählen, schrieb sie
selber dazu einen ganzen Zyklus.
Dabei diente ihr für den Titelsong
ausgerechnet Pink Floyds „Us
And Them“ als Blaupause. Und
„Thirsty For My Tears“ zitiert mit
„When I needed water you gave
me
gasoline“
den
berühmten
Howlin’ Wolf. Profunde eigene,
gar tief empfunden vorgetragene
Erkenntnisse zum Thema hat sie
kaum zu bieten.
F. Sch.
MUSIK ★
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KLANG ★
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Blondie
BLONDIE 4(0) EVER
Caroline/Universal 2 CD s
(94')
Eine
monumentale
Geburts-
tags-Doppel-CD, die einem den
Atem raubt. Die erste Scheibe
„Ghosts Of Download“ zeigt, dass
Blondie wie David Bowie nach wie
vor aktuelle Trends assim iliert.
Nicht nur dank Gästen wie Beth
Dito, Miss Guy oder der kolumbia-
nischen Gruppe Systema Solar kom-
men die neuen Songs entsprechend
kraftvoll, abwechslungsreich und
zeitgemäß ‘rüber. Auch den Frankie
Goes To Hollywood-Hit „Relax“ als
Ballade dargeboten sollte man sich
nicht entgehen lassen. Die zweite
CD bereitet gleichfalls viel Spaß:
„Greatest Hits Deluxe Redux“ ver-
sammelt elf Band-Klassiker neu und
teils abweichend eingespielt.
pb
MUSIK ★
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KLANG ★
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Coldplay
GHOST STORIES
Parlophone CD (auch als LP geplant)
Als Sänger Chris Martin und Hol-
lywood-Schauspielerin Gwyneth
Paltrow
ihre
Trennung
publik
machten, war das Rauschen im
Blätterwald
groß;
kurz darauf
wird das sechste Coldplay-Album
veröffentlicht.
Wer
nun
hofft,
dass Martin all seine Seelenpain
in ergreifende Songs sublimiert,
sieht sich getäuscht. Noch nie war
ein
Coldplay-Album
melodisch
so schwach, so arm an Energie,
kurz: so uninspiriert. Statt extre-
mer Gefühle scheint sich in den
Songs eine Leere in Herzen und
Hirn niedergeschlagen zu haben.
Mit gutem Willen kann man der
erfolgreichsten jüngeren Band seit
der Jahrtausendwende anrechnen,
in „Magic“ und „Oceans“ neue
Sounds zu wagen. Komplett da-
neben geht das allerdings in „A
Sky Full Of Stars“: ein derart pri-
mitiver elektronischer Beat findet
sich sonst nur im Deppen-Techno.
Stammt das Meisterwerk „A Rush
Of Blood .
..“ wirklich von derselben
Band?
A. Ku.
MUSIK ★
KLANG ★
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Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter www.stereo.de
The Black Keys
TURN BLUE
Warner Bros. CD
(45’)
Auch als LP geplant
„I really don’t think you know/It
could be hell below“ singt Dan Au-
erbach, einer von vielen Versen, bei
denen offenbar wird, dass „Turn
Blue“ auch ein „break-up album“
in der langen Tradition von Frank
Sinatras „In The Wee Small Hours“
bis zuletzt denen von Bon Iver und
Civil Wars ist. Das beginnt sofort
mit „Weight Of Love“ - Abgesang
auf (s)eine Beziehung mit Reimen
wie „You had a thing no one could
ever be sure of/Never ever had a
pure love“, zwei Gitarren dann uni-
sono die lange Instrumental-Coda
a la „Hotel California“ einleitend.
Nicht zu überhören ist bei „Turn
Blue“ (dem Song) die stilistische
Verwandtschaft mit dem Peter
Green-Bluesrock der „Then Play
On“-Ära. Mit Phasing und altmo-
dischem Farfisa-Sound der 1960er-
Jahre kultiviert das Duo bei „Fever“
seine ganz eigene Retromania. Das
Psychedelic-Kabinettstück „Bullet
In The Brain“ beginnt mit akus-
tischer Gitarre, um bald in Acid
Rock-Stratosphären abzuheben,
Hall von den Sound-Tüftlern öko-
nomisch und perfekt eingesetzt
wie bei Klassikern des Genres.
Nur verhallt, nicht „doubled-tra-
cked“ wie John Lennons Stimme,
dafür von Mädchen-Chor begleitet,
singt Auerbach falsetto „Waiting
On Words“. Was zunächst wie
eine Ode an Yoko Ono anmutet,
entpuppt sich als surf-rockiger Ab-
schied von seiner alten Liebe. Der
Sänger beteuert noch: „My love for
you was real“, das wisse er sicher.
Nur um im folgenden „10 Lovers“
zu bekennen, dass er - derzeit
sprachlos - doch hofft: „If I find
another love/They must be forever
true“. Überaus beatlesque klingt
„In Our Prime“, die Erinnerungen
auch Hommage an Lennon. „Gotta
Get Away“, obwohl das schlich-
teste Stück Poprock hier, ist ein
mitreißendes Finale.
Franz Schöler
MUSIK
KLANG
STEREO 7/2014 135